Was kostet Eye-Tracking?
Die Antwort auf die Frage nach den Kosten muss natürlich etwas präzisiert werden. Ist mit der Frage gemeint, was eine komplette Eye-Tracking Ausstattung kostet, die z. B. ein Hochschulinstitut in die Lage versetzt, eigenständige Forschungsprojekte durchzuführen? Oder möchte ein Unternehmen gerne wissen, was es kosten würde, Eye-Tracking im eigenen Unternehmen einzusetzen.
Die erste Frage kann schnell beantwortet werden, indem das Hochschulinstitut bei den entsprechenden Anbietern nach den momentan gültigen Preisen für Eye-Tracking-Hardware und -Software nachfragt.
Die Kosten-Erlös-Relation für eine Eye-Tracking Studie
Hinter der zweiten Frage steht aber nicht nur der Preis, sondern vielmehr die Kosten-Erlös-Relation für eine Eye-Tracking Studie. Sowohl die Kosten einer solchen Studie als auch die zu erwartenden Erlöse hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab, die dazu führen können, dass eine Eye-Tracking Studie für ein Unternehmen hochprofitabel oder aber völlig unwirtschaftlich sein kann. Aus Sicht der Firmen wäre aber die Antwort: „Es kommt darauf an.“ bestenfalls wertlos, wenn nicht sogar ärgerlich. „Womit verschwende ich dann hier meine Zeit?“ könnte der Firmeninhaber dann zu Recht erwidern.
Deshalb ist es die Aufgabe der Anbieter von Eye-Tracking Studien schon im Vorfeld die quantitative Bewertung der zu erwartenden Kosten und Erlöse so weit zu strukturieren, dass je nach Branche, Unternehmensfunktion, Kunden oder Mitarbeiterstruktur innerhalb einer kurzen Diskussion eine Abschätzung gegeben werden kann, ob hier mit einem positiven Return on Investment (ROI) für eine Eye-Tracking Studie gerechnet werden kann oder eben nicht. Und die Antwort muss quantitativ gegeben werden und nicht in den blumigen Worten der Marketingleiter und der sie stützenden Marktforscher. Wie kann man aber bereits schon vor der Durchführung der Studie methodisch fundiert die zu erwartende quantitativen Kosten-Erlös-Relation einschätzen, ob sich eine Studie im Nachhinein als lohnenswert herausstellen wird?
Unterschiede bei den Erlöstreibern und den Erlöshemmnissen
Um diese Frage beantworten zu können, haben wir für jede Unternehmensfunktion, bei der Eye-Tracking produktiv eingesetzt werden kann, die „Erlöstreiber und die Erlöshemmnisse“ und die hierzu gehörigen Metriken für eine einheitliche Systematik identifiziert. Je nach Branche und Zielgruppen kommt man dann zu ganz unterschiedlichen Antworten. Diese Systematik zur Kosten-Erlös-Rechnung für Eye-Tracking Studien aus Sicht der Kunden muss dann nicht jedes Mal neu „erfunden“ werden, sondern dient bei der Vorausschätzung des Return on Investment (ROI) für eine Eye-Tracking Studie als methodische Grundlage für die Berechnung, die dem Unternehmen dann auch erläutert wird. Zwei Beispiele mögen das veranschaulichen.
Zwei Beispiele
Für ein kleines Modegeschäft, das mehrmals im Jahr komplett das visuell wahrnehmbare Shop-Design ändert, würde der finanzielle Aufwand für eine Eye-Tracking Studie zum Visual Merchandising in keinem Verhältnis zum zusätzlichen Ertrag stehen. Für ein medizintechnisches Unternehmen hingegen kann bereits ein einziger Fall, bei dem ein Patient einen schweren Gesundheitsschaden erlitten hat, weil das Pflegepersonal im Krankenhaus das Gerät falsch bedient hat, z. B. in den USA zu höheren Schadensersatzansprüchen führen, als die Kosten selbst einer sehr umfangreichen UX-Studie mit Hilfe von Eye-Tracking je betragen würden.
Unterschiede bei den Kosten
Aber nicht nur die Erlöstreiber und Erlöshemmnisse differieren zwischen den Branchen und den Unternehmen sehr stark. Auch die zu erwartenden Kosten tun dies. Stärker ins Gewicht fallen hier in vielen Fällen die Kosten für die Testpersonen als die Mietkosten für die Eye-Tracking Ausstattung. So sind z. B. Studien zur Optimierung des Reporting-Design von Geschäftsberichten sicherlich sehr sinnvoll. Die wichtigste Zielgruppe der Leser der Geschäftsberichte aus Sicht des Vorstands sind aber nicht die Kleinaktionäre, sondern die Profis der Finanzanalysten und der Kreditanalysten in den Banken. Die Jahresgehälter für diese Berufsgruppen betragen ein Mehrfaches des Jahresgehaltes einer Krankenschwester, die ein medizintechnisches Gerät bedienen muss. Dementsprechend werden auch die Kosten für die Testpersonen ein Mehrfaches dessen betragen, das eine UX-Studie mithilfe von Eye-Tracking kostet.
Die Kosten einer Studie sind im Vorhinein bekannt, die Erlöse können aber nur abgeschätzt werden
„Wie will man den Return on Investment einer Eye-Tracking Studie denn quantifizieren, bevor man die Studie überhaupt durchgeführt hat?“ wird jetzt jeder zu Recht skeptische Unternehmer fragen. Es liegt ja gerade in der Natur der Sache, dass man auch bei angewandter Forschung, die den Namen verdient, immer nur im Nachhinein die Ergebnisse genau sieht. Nur die Kosten einer solchen Studie sind ohne Unsicherheit schon vor Beginn der Studie klar zu beziffern. Die zusätzlichen Erlöse, die sich aus den Ergebnissen der Studie erzielen lassen, kann man aber logischerweise erst im Nachhinein mit gleicher Sicherheit beziffern. Denn diese Erlöse hängen von den Studienergebnissen ab.
„Natürlich werden Sie mir erklären wollen, das sich eine solche Studie für mich rechnet. Sonst erhalten Sie ja keinen Auftrag von mir!“
Nicht nur skeptische Unternehmerinnen und Unternehmer denken so, auch jede neoklassisch ausgebildete Volkswirtin würde das sagen. Wie löst man aber das Problem? Die Antwort lautet: Das Problem lässt sich dadurch stark entschärfen, indem nicht nur über eine Anwendung für Eye-Tracking Studien diskutiert wird, sondern über mehrere. Die Unternehmerin entscheidet dann, ob und wenn ja für welche Unternehmensbereiche sie solche Studien interessant finden würde. Anbieter von Eye-tracking dienen dann ihrem Eigeninteresse am besten, wenn sie sich bemühen, so wahrheitsgetreu und konservativ wie möglich eine quantitative Abschätzung der zu erwartenden Kosten-Erlös-Relation der Eye-Tracking Projekte für die verschiedenen Unternehmensfunktionen zu geben. Dadurch können sie eine langfristige Kundenbeziehung entwickeln, die nur dann für beide Seiten profitabel ist, wenn die Anbieter von Eye-Tracking Dienstleistungen den Interessen ihrer Kunden dienen.
Unsere Methodik zur Bewertung der Kosten-Erlös-Relation für eine Eye-Tracking Studie
Diese Methodik listet für jedes der 15 verschiedenen Unternehmensfunktionen jeweils:
- die inhaltlichen Erlöstreiber,
- die geeigneten Eye-Tracking Metriken,
- die zugehörigen finanziellen Erfolgsmetriken,
- die Faktoren, die die Erlösbeiträge der Eye-Tracking Ergebnisse reduzieren können und
- die erforderliche Anzahl der Testpersonen pro Studie auf.
Dieser Erlösvorausschätzung wird dann ein Kostenvoranschlag gegenübergestellt, der vor allem aufgrund der Anzahl der erforderlichen Testpersonen und der Vergütung für diese Testpersonen variiert. Nur der Dateninput für die zugehörigen finanziellen Erfolgsmetriken stammen vom Firmenkunden selbst. Der Dateninput für die übrigen Elemente ergibt sich aus den Zielen und dem Aufbau der jeweiligen Studie. Damit kann dann eine klare Antwort auf die Frage gegeben werden: „Welche Kosten-Erlös-Relation für eine Eye-Tracking Studie in der XY-Abteilung für mein Unternehmen wird sich im Endergebnis ergeben?“ Denn all die Faktoren, die zwischen den einzelnen Branchen, Unternehmensfunktionen und Besonderheiten der verschiedenen Unternehmen differieren, sind dann in dieser Berechnung berücksichtigt.
Literatur
Hubbard, Douglas W., [2014], How to Measure Anything: Finding the Value of Intangibles in Business, Wiley, 2014.
Videos
LKNA13: How to Measure Anything: An Introduction from the Author – Douglas Hubbard
https://www.youtube.com/watch?v=w4fHGTsZZD8
How to measure the value of a brand?
https://www.youtube.com/watch?v=45FD3hf6W8s
Comparing Eye Trackers
https://www.youtube.com/watch?v=yVKLACkhcjQ